Die Schätztheorie ist ein Schlüsselfaktor für viele der heutigen elektronischen Produkte, Geräte und Industrieanlagen. Unter anderem stellt diese Algorithmen zur effizienten Datenschätzung in Kommunikationssystemen, zur genauen Charakterisierung von Systemen basierend auf Messungen, Schätzung von Parametern, Signalen und Spektren, Signalverfolgung oder Rauschunterdrückung, zur Verfügung, um nur einige zu nennen. Die Schätzaufgabe kann in einem klassischen oder in einem Bayes'schen Rahmen formuliert werden. In der klassischen Schätzung wird der zu schätzende Parametervektor als deterministisch angesehen. Im Gegensatz dazu betrachten Bayes‘sche Schätzer den Parametervektor als zufällig. Dies ermöglicht es, Vorkenntnisse in Form von Statistiken des Parametervektors in das Schätzproblem einzubeziehen. Aufgrund der ständig zunehmenden Komplexität und der anspruchsvolleren Anwendungen moderner elektronischer Systeme ist oft eine optimale oder nahezu optimale Performance der Schätzverfahren erforderlich. Um eine solche optimale Performance zu erzielen sollten alle verfügbaren Informationen über das zugrundeliegende Systemmodell von den Schätzern einbezogen werden. In vielen Anwendungen ist tatsächlich zusätzliches Modellwissen vorhanden. Dieses Modellwissen wird bei der Entwicklung der Schätzer jedoch oft ignoriert. Mögliche Beispiele für zusätzliches Modellwissen sind die Kenntnis, 1) dass der Parametervektor der Länge n in einem linearen Unterraum von C n liegt, 2) dass der Parametervektor zusätzliche lineare Bedingungen erfüllt, 3) dass der Parametervektor reellwertig ist während die Messungen und das Messrauschen komplexwertig sind, 4) dass die Verbindung zwischen den Messungen und den Parametern durch Messrauschen sowie durch eine zufällige Verzerrung mit bekannten Statistiken beeinflusst wird. Für die ersten drei der oben genannten Fälle werden in dieser Arbeit mehrere wissensunterstützte klassische Schätzer entwickelt, die dieses zusätzliche Modellwissen optimal verarbeiten. Diese optimalen wissensunterstützten Schätzer werden mit Schätzern verglichen, die das zusätzliche Modellwissen intuitiv verarbeiten. Es stellt sich heraus, dass die hergeleiteten optimalen Schätzer die intuitiven Schätzer und Standard-Schätzer in vielen Anwendungen deutlich in ihrer Performance übertreffen. Für den vierten Fall von zusätzlichem Modellwissen wird ein neuer iterativer Algorithmus hergeleitet. Es wird gezeigt, dass dieser Algorithmus konkurrierende Algorithmen in vielen Szenarien deutlich in der Schätzgenauigkeit übertrifft. Ein weiterer Unterschied zwischen dem klassischen und dem Bayes‘schen Ansatz ist die zugrundeliegende Definition eines erwartungstreuen Schätzers. Wir diskutieren die Tatsache, dass die Bedingung der Erwartungstreue, die von Bayes'schen Schätzern verwendet wird, schwächer ist als die, die von erwartungstreuen klassischen Schätzern verwendet wird. Wir zeigen außerdem, dass diese schwächere Bedingung der Erwartungstreue der Schlüssel dafür ist, dass Bayes‘sche Schätzer Statistiken über den unbekannten Parametervektor in den Schätzprozess einbeziehen können. Darauf aufbauend untersuchen wir Bedingungen für die sogenannte komponentenweise bedingte Erwartungstreue (engl.: component-wise conditionally unbiased (CWCU) constraints). Es wird gezeigt, dass die zugrundeliegenden CWCU Bedingungen die intuitive Sicht der Erwartungstreue auch in Bayes'schen Szenarien bewahren. Als nächstes konzentrieren wir uns die Gruppe der sogenannten CWCU Bayes‘schen Schätzer. Wir werden bisherige Arbeiten zu dieser Art von Schätzern erweitern und das Konzept auf sogenannte widely linear Schätzer ausweiten. Die Auswirkungen dieser CWCU Bedingungen, die Beziehung zu anderen Bayes‘schen Schätzern und die Fähigkeit, Statistiken über den unbekannten Parametervektor einzubauen, werden diskutiert. Basierend auf der erhöhten Schätzgenauigkeit die durch klassische Schätzer erreicht werden kann welche zusätzliches Modellwissen nutzen werden weiters adaptive Filter hergeleitet, die ebenfalls zusätzliches Modellwissen auf optimale Weise einbeziehen. Diese wissensunterstützten adaptiven Filter werden sowohl mit intuitiv entwickelten Filtern als auch mit adaptiven Standard-Filter verglichen, wobei in vielen Szenarien wiederum eine deutliche Erhöhung der Schätzgenauigkeit erreicht wird. Darüber hinaus werden adaptive Filter für System-Identifikations-Anwendungen untersucht die es erlauben ähnliche statistische Vorkenntnisse über die zu schätzende Systemimpulsantwort einzubringen, wie dies bei linearen Bayes‘schen Schätzern der Fall ist. Bekannte und neu entwickelte adaptive Filter werden diskutiert und verglichen. |